Iain Abernethy, 7. Dan und Chief Instructor der World Combat Association, hielt Anfang 2019 seinen jährlichen Lehrgang in Grünwald bei München. Das Thema war die selten besprochene Bassai Sho. Unter Iains charismatischer Anleitung trainierten alle Karatekas mit voller Begeisterung, so dass das Wochenende wie im Fluge verging. Zudem waren einige extra aus verschiedenen Ländern Europas nach Grünwald angereist.

Für die meisten Teilnehmer war es nicht Neues, dass Iain Abernethy die Kata Bassai Sho als ein geschlossenes Kampfsystem darstellte. Die Hauptelemente waren daher Angriffe zum Kopf, Würfe aus den Drehungen heraus, Hebel und Griffe, die am Körper ansetzen.

Besonders interessant war der „what-if“ Aspekt der Bassai Sho. In jedem Dojo gibt es jemanden, der beim Bunkai immer fragt: „Was tun, wenn dies - das vorgeführte Bunkai - nicht klappt?“ Iain nannte diese Karatekas Mr. oder Mrs. What-If, fügte aber lobend und unterstützend hinzu, dass sie für jedes Training wertvoll seien.

Die Kata Bassai Sho bot viele Alternativen -„what-If`s“ - an, falls ein Ablauf des Bunkais schief ging. Wenn Bunkai A nicht zog, dann eben Bunkai B, wenn B nicht, dann noch C. Iain zeigte uns so, dass die Bassai Dai immer für eine zweite Alternative gut ist.

Zum Beispiel die erste Drehung am Anfang: der mit der einen Hand unter dem linken Arm und mit der anderen Hand am Nacken des Gegners angesetzte Wurf (siehe Bild) wird während der Drehung vom Gegner unterlaufen. „What if“-Reaktion, die die Kata bietet: den linken Arm des Gegners unter die Achselhöhle klemmen, mit dem vorderen Arm quer über sein Gesicht greifen, in die andere Richtung drehen und den Wurf über die zweite, entgegengesetzte Drehung der Bassai Sho ausführen. Was wenn das auch nicht klappt? What if-Reaktion Nummer 3: Gesicht nach unten drücken, ausholen, schlagen und im Gesicht treffen.

So wurde am ersten Tag jede einzelne Bewegung der Kata Bassai Sho durchgegangen. Wer nach der Analyse Lust auf „Schlagfertiges“ hatte, für den brachte der zweite Tag Abwechslung. Wir übten Pad Drills: auf Pratzen mit mehreren Techniken hintereinander schlagen. Dabei benutzen wir weiterhin die Kata Bassai Sho. Die Pad-Drills folgten dem erlernten Bunkai. Die Choreografie eines Kampfabschnittes war schwieriger geworden. Für beide Partner gab es nun Stellungen während ihrer Bewegung, aus denen sie im richtigen Abstand mit voller Kraft auf die Pratzen schlagen mussten.

Die dritte Säule des Lehrganges war das Kata-Based-Sparring. Wir näherten uns dem realistischen Kampf an, indem wir Bunkai-Techniken aus der Bassai Sho im halbwegs freien Kampf anwendeten.  Also z.B. erst gegenseitig am Nacken und den Unterarm greifen, sich viel bewegen und durch schnelles Umsetzen der Arme die Oberhand gewinnen. Nächste Übung: zusätzlich versuchen einen Hebel anzusetzen - usw-usw! Diese Übungen machten Spaß. Die Partner mussten einerseits locker trainieren, um schnell umschalten zu können, anderseits unter Spannung und mit voller Aufmerksamkeit, um nicht überrannt zu werden. Somit waren wir am zweiten Tag des Lehrganges beim „real stuff“ angelangt.

Alle die sich bereits den nächsten Lehrgang mit Iain Abernethy in Grünwald bei München vormerken wollen: er findet am 11. und 12 Januar 2020 statt. Das Thema wird die Kata Unsu sein. Mehr Informationen auf https://www.karate-gruenwald.de/ unter „Aktuelles“.

Peter Henkel

 

Iain Abernethy demonstriert eine Anwendung
(Foto: Christian Killer)

Erschienen:

  • BKB aktuell, April 2019