Damit unsere Karatejugend gleich sportlich aktiv die Ferien beginnt, ging es am letzten Schultag zum TSV 1861 Oettingen ins Karate Zeltlager. Ivo, der seit November immer begeistert jeden Donnerstag von seinem Karatetraining nach Hause kommt, motivierte mich als Elternbetreuer mit den Trainern Max Obermaier und Christian Killer ins Zeltlager zu fahren. Im TSV Vereinsbus fuhren wir mit unserem Nachwuchs Christopher Blepp, Valentin Lippert und Ivo Smolak über Donauwörth in die 5.200 Einwohnerstadt Oettingen in Bayern.

Fritz Kaumeier (3. Dan) hatte die Vereine VFL Nürnberg, Aischgrund, Langenzenn und uns vom TSV Grünwald zum 5. Karate Zeltlager in sein Dojo eingeladen. Nach zweieinhalb Stunden Busfahrt im üblichen Ferienstau sind wir gut am Sportplatz angekommen. Schnell heißt es unsere drei Igluzelte auf dem Rasengrundstück nah beim großen Feuerplatz aufzubauen, damit wir unser erstes Abendtraining nicht versäumen. Das Wetter hat es gut mit uns gemeint und Thorsten Kaumeier (3. Dan) trainiert uns Gelb- bis Grüngurte im Freien auf dem Rasenplatz. Ich erkenne sofort wie anstrengend und schwierig es ist Karate richtig auszuführen. Schade, dass ich vor sieben Jahren damit aufgehört habe und die Tsukis und Keris nicht mehr locker und geschmeidig aussehen, wie ich es schon mal konnte. „Da ist man schnell wieder drin“ beruhigen mich Max und Christian, die durch ihr jahrelanges Kindertraining nicht nur gut Karate lehren, sondern auch bestens motivieren können. Nach eineinhalb Stunden Training und anschließendem Duschen freuen sich 56 Karateka auf Steaks und Würstchen vom Grill. Schön ist es hier, die Kinder sind begeistert und ich fühle mich wie bei einer Großfamilie im Urlaub angekommen zu sein.

Gegen 23 Uhr werde ich im Gegensatz zu unseren Jungs müde und lege mich in mein Bergsteigerzelt. Am nächsten Morgen nach einem großen Frühstücksbüffet mit selbstgebackenen Kuchen geht es um 10 Uhr pünktlich zum Morgentraining. Dieses Mal trainiert uns Fritz Kaumeier, der Dojoleiter. Nach spielerischen Aufwärmübungen geht es konzentriert weiter mit Anwendungen aus der Kata (Form) „Heian Nidan“. Toll wie es Fritz gelingt, die Aufmerksamkeit auch bei den jüngsten Teilnehmern zu bekommen. Das Training ist sehr kurzweilig, aber anstrengend. Nach dem Mittagessen mit Pasta machen wir uns alle auf den Weg zum Wörnitzer Freibad. Es ist ein 3 km langer Fußmarsch zu einem Nebenfluss der Donau. Die Kinder sind nicht mehr aus dem moorhaltigen, 21 Grad warmen Wasser zu bekommen. Wieder zurück bereiten wir uns auf unser Abendtraining vor. Gert Schlögel (4. Dan) vertieft mit uns den Kampf gegen vier Angreifer und baut auf Fritz' Vormittagstraining auf. Wieder trainieren wir im Freien und genießen die lockeren fränkischen Sprüche von Gert, der sehr professionell uns auf die Feinheiten der Bedeutungen dieser Kata hinführt.

Mit großem Hunger und Durst lassen wir einen sehr aktiven Tag bei Sonnenuntergang auf der Terrasse des Sportgeländes ausklingen. Unsere Kinder hingegen sind noch lange nicht müde. Die haben inzwischen viele Freunde aus Franken und Umgebung kennen gelernt und spielen mit vollem Elan Fußball. Max und Christian, die viel genauer nach unseren drei Jungs schauen als ich nach meinem Sohn, haben wirklich alles im Griff. Es ist schön zu sehen, wie gut und fürsorglich die Kinder von unseren Karatetrainern betreut werden. Gegen 23 Uhr wird neben dem riesigen Lagerfeuer plötzlich ein Feuerwerk abgebrannt. Es wird wirklich alles geboten in Oettingen. Während ich mich wieder müde in mein Zelt zurückziehe, machen sich unsere Karate Kids auf den Weg zur Bar, um noch eine Cola und Sprudel zu trinken. Ich höre sie noch bis Mitternacht in ihrem Zelt Quartett spielen und freue mich für sie nach einem anstrengenden Schuljahr, dass sie mal länger aufzubleiben dürfen.

Sonntags nach dem Frühstück spüre ich die zwei intensiven Trainingstage am ganzen Körper. Manuel Kaumeier (2. Dan), der zweite Sohn von Fritz fordert uns bereits beim Aufwärmtraining. Wankan, eine Kata für Schwarzgurte, hat er sich für uns vorgenommen. Mit großer Begeisterung zieht er uns mit und bei größter Konzentration und Motivation bemühen wir uns seinem Lauf zu folgen. Manuel und wir Karateschüler sind so begeistert, dass wir gar nicht bemerken, dass alle anderen Gruppen bereits auf uns zur Verabschiedung auf dem Freiplatz warten.

Mit großer Herzlichkeit und Freundschaft verabschieden sich Fritz, Gert, Thorsten und Manuel von uns Schülern. Ein tolles Erlebnis für uns alle. Ich erkenne wieder eine Sportart, die ich fast vergessen hatte und zu der mich mein Sohn mit seiner Begeisterung wieder hingeführt hat. Ein schönes Gefühl und die Erkenntnis, dass Karate, der Weg der leeren Hand, nicht nur ein schöner Sport ist, den man gemeinsam mit seinen Kindern betreiben kann. Es ist eine Lebensphilosophie, die von Vorbildern vorgelebt wird. In Fritz Kaumeier habe ich so einen Menschen getroffen, der durch seinen Sohn Thorsten, mit erst 40 Jahren zum Karate gestoßen ist und seine beiden Söhne zu Dan-Trägern im Shotokan Karate geführt hat. Ich habe Max und Christian, unsere Jugend-Karatetrainer vom TSV Grünwald besser kennen gelernt, die mit Herzblut diesen Sport an unsere Kinder weitergeben und sich vorbildlich um unsere Kinder bei solchen Veranstaltungen kümmern.

Ich kann nur alle Eltern dazu ermuntern, beim geplanten Anfängerkurs für Erwachsene am 8. Oktober mit dem Karate zu beginnen. Meine Frau habe ich schon angemeldet, sie weiß nur noch nichts von ihrem Glück :-)

Harald Smolak

Teilnehmer der Karatefreizeit in Oettingen

Erschienen:

  • Grünwalder Isar-Anzeiger, 6.August 2009